Der Fall Christian Peter Dogs
31.5.2003
In der Versichertenzeitschrift der TK ("Techniker Krankenkasse") ist in Heft 2/2003 auf den Seiten 24 und 25 ein Artikel abgedruckt, dessen Inhalt höchst hinterfragungswürdig ist:
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Seite 24 Überschrift: Schulmedizin & Naturheilverfahren Ein starkes Doppel Die einen nennen es "Sanfte Medizin", die anderen "Alternativmedizin". Der Wunsch, sich auf "natürliche Weise" behandeln zu lassen, wird von immer mehr Patienten geäußert. Der ausgeprägte "Naturheilboom" der vergangenen Jahre führte dazu, daß eine ganze Reihe unseriöser Therapieverfahren den klassischen Naturheilverfahren zugeordnet wurden. Zu den seriösen, klassischen Naturheilverfahren zählen z.B. - Ernährungstherapie - Bewegungstherapie - Entspannungsherapie - Physikalische Therapie - Manuelle Medizin oder - Neuraltherapie </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Hier (wie auch im folgenden) muß man SEHR genau hinsehen!
Die "Neuraltherapie" als Naturheilverfahren zuzuordnen, halte ich für extrem gewagt...
Haben Sie einen Namen einer als unseriös bezeichneten Methode gesehen? Nein. Sehen Sie, so hält man sich den Rücken frei.
Immer auf die Bösen schimpfen, aber bloß keine Namen nennen.
Indirekt ist das eine massive Propaganda für die namentlich als "gut" oder "seriös" beschrieben Verfahren - sowie für das, was in deren Kielwasser hineingezogen wird... Und GENAU DAS wird hier praktiziert.
Aufmerksam sollte man erkennen, daß der GRUND, WARUM sich die Patienten der angeblich sanften Medizin zuwenden, verschwiegen wird. Der Grund ist Marketing, gnadenloses Marketing durch käufliche Moderatoren von Funk und Fernsehen - und natürlich (sic!) gekaufte Artikel in den Printmedien. Die Pharmamafia, Marke alternativ, zieht alle Register, um an die Macht und das Geld zu kommen. Große Fürsprecher haben die angeblich "Alternativen" und "Sanften" in der Politik, siehe die internationale Deutsche Großblamage "Positivliste", mittels derer Tausende von unwirksamen Medikamenten in den Kassen-Markt gedrückt werden sollten. [1]
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Wann sind Naturheilverfahren sinnvoll? Wer sich naturheilkundlich behandeln läßt, sollte sich im Vorwege in jedem Fall schulmedizinisch untersuchen lassen. Die große Kunst liegt darin, die Grenzen zwischen der Schulmedizin und Naturheilverfahren zu erkennen und unbedingt einzuhalten. "Ziel eines ganzheitlichen medizinischen Therapieansatzes sollte im Interesses der Patienten immer sein, so weit wie möglich naturheilkundlich zu behandeln. Reicht das nicht, sind schulmedizinische Maßnahmen zu ergänzen", sagt Dr. Christian Peter Dogs, Chefarzt der Panorama Klinik für Psychosomatik, Psychotherapeutische Medizin und Naturheilverfahren in Scheidegg im Allgäu. </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Hier erleben Sie Demagogie vom Feinsten. Selbst Ärzte haben Mühe, die Fäden zu durchschauen, die hier gesponnen werden. Darum nehmen wir die Lupe...
Lüge 1: Gegensatz "hier Schulmedizin - da Naturheilkunde"
Tatsache ist, daß es nicht Schulmedizin, sondern Hochschulmedizin heißt. "Schulmedzin" ist übrigens ein Schimpfwort der Homöopathen.
Naturheilkunde ist einer der Grundpfeiler der Hochschulmedizin, der wissenschaftlichen Medizin. Also KANN es gar keinen Gegensatz geben!
Lüge 2: "Es gibt eine Grenze zwischen Naturheilverfahren und Hochschulmedizin."
Sinnvolle, also wissenschaftliche Medizin umfaßt alle wirksamen Verfahren und nutzt diese nach ihrer jeweiligen Erfordernis. Grundlage der wissenschaftlichen Medizin ist immer eine einwandfreie Diagnose. AUFGRUND dieser Diagnose werden dann die erforderlichen Mittel und Therapien angewandt.
Lüge 3: Immer erst naturheilen, Schulmedizin zusätzlich
Natur"heil"verfahren sind nicht für eine Diagnose geeignet bzw kennen keine. DESWEGEN MUSS IMMER erst mittels wissenschaftlicher Medizin die Diagnose erstellt werden.
Christian Peter Dogs stellt die Sache auf den Kopf, wie es übrigens auch die DHU (Deutsche Homöopathie Union) tut. Der Sinn dieses Tausches ist klar: Erst soll die Natur"heiler"fraktion sich austoben und einkassieren dürfen. Später, vielleicht, falls überhaupt, darf dann die Hochschulmedizin die Hinterlassenschaften wegräumen, inclusive die Leichen... [2]
Einerseits
Den Naturheilverfahren wird angedichtet, mächtig zu sein - gleichwohl
wird der Hochschulmedizin deutlich mehr Stärke und Wirksamkeit zugetraut.
Deswegen wird zur Hochschulmedizin als letztem Mittel gegriffen. Das
erklärt auch, warum die Hochschulmedizin nicht ganz weggewischt wird.
Andererseits
Wenn die Natur"heil"verfahren nicht so stark und allmächtig sind, und vor
allem, wenn es sich um Probierverfahren handelt wie dem Pfusch namens
Homöopathie, brauchen die Natur"heil"verfahren mehr Zeit und viele
Versuche.
Beides, Zeit und Versuche, geben den Scharlatanen genug Gelegenheit, ihr Versagen hinter allen möglichen Ausreden zu verschleiern. Besonders die Zeit hilft ihnen. Denn der menschliche Körper, gerade bei leichten Krankheiten oder Krankheiten, deren Erscheinungsbild sich leicht ändern kann, braucht Zeit, um mit Erregern oder anderen Beschwerden fertig zu werden.
Die Patienten können natürlich nicht unterscheiden, ob das (wirkungslose) Mittel geholfen hat oder ob der Körper selbst die Besserung oder Änderung erreichen könnte. Schon gar nicht können die Patienten erkennen, ob wirksame Mittel, also solche der wissenschaftlichen Medizin, ihnen viel schneller und sicher - und damit zuverlässig! - geholfen hätten...
Deswegen entlarvt die Aussage
Der normale Patient vermag die Perfidie der Aussage nicht zu erkennen.
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Naturheilverfahren werden vor allem bei chronischen Erkrankungen und bei den sogenannten funktionellen Störungen angewendet. Auch leichte akute [Seite 25] Erkrankungen wie Erkältungen kann man mit der Sanften Medizin ohne weiteres in den Griff bekommen. Bei lebensgefährlichen Krankheiten können die Methoden der natürlichen Medizin als begleitende Maßnahmen die notwendige schulmedizinische Behandlung sinnvoll ergänzen. Bewegungs- und Entspannungstherapie helfen so zum Beispiel den Schmerz und die Nebenwirkungen einer Krebstherapie zu lindern. </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Warnung: Die Seichtigkeit des Textes verführt zum unachtsamen Hinnehmen der Inhalte.
Als erstes ist festzuhalten, daß die leichten Erkrankungen jene sind, die der Mensch auch ohne Medikamente überstehen kann. Sonst wären es nämlich keine leichten!
Chronische Erkrankungen sind solche, die länger dauern, den Kranken also nicht auf der Stelle umbringen. Damit sind chronische Krankheiten keineswegs harmlos, sondern können durchaus tödlich sein.
Es ist der tückische Faktor Zeit, der hier die Teufelei der Natur"heiler" ermöglicht...
Ist Ihnen die Wende aufgefallen ?: Eingangs hieß es "naturheilen zuerst" - und jetzt nur noch als Ergänzung...
Soweit das auf der einen Seite richtig sein mag, so sehr wird es auf der anderen Seite ausgebeutet, um auch noch den letzten Pfennig aus den Kranken herauszupressen. So heißt es bei Dr. med. Mirko Berger, einem der Referenten der DHU, die zur Zeit durch die Lande ziehen und Reklame für Homöopathie und Homöopathika machen:
"So oder so, die Natur"heil"mittel sind immer anzuwenden!" Das ist das Ziel dieser Reklame. Der Artikel in der Versichertenzeitschrift hat die gleiche Intention wie die zitierte Reklame des Mirko Berger.
Mehr Artikel und mehr Vorträge verstärken die Wirkung. Vor allem, wenn die Schreiber von einander abschreiben...
Wie eingangs erwähnt, muß man bei solchen Artikeln sehr aufpassen. Man muß auf der Hut sein vor dem, was im Kielwasser von Seichtigkeit und Pseudologik und Verdrehung dem Leser untergeschoben wird. Hier, in dem Artikel der TK, kommt das dicke Ende zuletzt:
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Ähnliches mit Ähnlichem behandeln Homöopathie gehört nicht zu den klassischen Naturheilverfahren. Sie ist eine besondere Therapierichtung, deren Heilungsmechanismen darauf beruhen, die inneren Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Der Begriff Homöopathie kommt vom griechischen "homoios": ähnlich und "pathos": leiden. Das Prinzip, Ähnliches mit Ähnlichem zu kurieren, bedeutet, dass ein Patient mit bestimmten Symptomen genau das Mittel benötigt, das an Gesunden getestest möglichst ähnliche Symptome erzeugen kann. So wie ein Guss mit kaltem Wasser eine Erwärmung hervorruft. Das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie geht bereits auf die Vorstellungen antiker Ärzte zurück. Auch der deutschstämmige Mediziner Paracelsus (1493-1541) ging davon aus, dass für einen Behandlungserfolg eine grundsätzliche Wesensähnlichkeit des Heilmittels mit der Krankheit gegeben sein müsse. Der deutsche Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) verfolgte diesen Weg weiter. </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Erst war die Rede von seriösen Verfahren. Homöopathie war selbstverständlich NICHT darunter. Jetzt wird sie plötzlich ohne jeden Zusammenhang aus dem Ärmel gezogen. Sie wird durch das Anhängen an den vorigen Text aufgewertet und salonfähig gemacht. Zumindest dann, wenn der Leser nichts von den Hintergründen weiß.
Die Perfidie dieser Behauptung ist kaum zu überbieten. Insbesondere im Zusammenhang mit den Einlassungen von Christian Peter Dogs erweist sich die Behauptung als sehr, sehr trügerisch.
Zunächst einmal muß man wissen, daß Suggestion und Autosuggestion in der Medizin eine große Rolle spielen. Psycho-Neuro-Immunologie ist eine Forschungsrichtung, die sich mit der Wirkung der Psyche auf den Körper beschäftigt.
Grob gesagt geht es darum, wie der Körper auf Suggestion reagiert. Tatsache ist, daß jemand, der niedergeschlagen ist, ein schwächeres Immunsystem hat als jemand, der freudig und vergnügt ist. Ausgenutzt wird diese Tatsache, indem man dem Kranken Heilung vorgaukelt. Selbsterfüllende Prophezeihungen spielen also eine große Rolle, hierzu auch die Gabe von Medikamenten mit vorgetäuschter Wirkung.
Bei Krankheiten, die zum Teil auch psychisch beeinflußbar sind, kann durch die Gabe von Placebos (unwirksamen Mitteln, von deren Unwirksamkeit der Patient aber nichts weiß) der Körper so stimuliert werden, daß es tatsächlich eine Heilung gibt.
Homöopathika werden aber von den Homöopathen NICHT als Placebo bezeichnet, sondern als HOCHWIRKSAM! Die Homöopathika, so behaupten die Homöopathen, sorgen dafür, daß die "Verstimmung der Lebenskraft" wieder korrigiert wird.
"Verstimmung der Lebenskraft" ist ein Begriff von Samuel Hahnemann.
"Verstimmung der Lebenskraft" ist kein Fall der Psycho-Neuro-Immunologie. Das läßt sich auch ganz klar daran zeigen, daß nicht die Gabe des Mittels und seine Verpackung, sondern der Urstoff im Zentrum der Betrachtung der Homöopathen stehen.
Die Homöopathen behaupten, daß die Homöopathika die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren. Wie? Nun, durch die Beseitigung der "Verstimmung der Lebenskraft" durch eine dem Stoff (!) innewohnende Kraft, die auch bei extremster Verdünnung ("Potenzierung") weitergegeben wird. (Das ist eine der vielen Lügen der Homöopathen...)
Im Artikel der TK werden all diese Dinge vermengt. Und das ist Sinn der Sache. Denn durch das Vermengen kann der Leser nicht mehr erkennen, WAS da eigentlich ge- bzw beschrieben ist. Artikel wie jener der TK sind reine Desinformation - mit dem Ziel des Verkaufs.
Der Verkauf folgt im Kasten nach dem Artikel. Dort heißt es:
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Ihr TK-Service Eine ganze Reihe von Naturheilverfahren sowie die Homöopathie gehören zum leistungsangebot der TK. Deren Kosten können durch einen Vertragsarzt über die TK-versichertenkarte abgerechnet werden. Die TK-Broschüre "Anders heilen" informiert, für welche Naturheilverfahren die TK Kosten übernimmt. Sie informiert auch über das TK-Modellvorhaben Akupunktur. Die Broschüre erhalten Sie kostenlos in Ihrer TK-Geschäftsstelle oder als Download im Internet. </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Das TK-Heft als Werbeträger. Ziel das Gewinnen neuer Versicherungsverträge. Zielgruppe jene, die gerne "alternativ", sanft" geheilt werden möchten.
Leider erweist sich der Artikel als böse Demagogie. Er zieht neue Opfer in den Bann des Schwindels Homöopathie.
Haben Sie die Einlassungen Christian Peter Dogs' genau gelesen? Dann vergleichen Sie doch bitte mit einem Leserbrief, den er im Jahr 2002 an das Deutsche Ärzteblatt schrieb:
------------------------------------------------------------------------------- <quote> Dogs, Dr. med. Peter Homöopathie: Placeboeffekt - na und? Deutsches Ärzteblatt 99, Heft 18 vom 03.05.02, Seite A-1218 BRIEFE Zu dem Beitrag "Verständnis in Bildern" von Dr. med. Susanne Thor in Heft 9/2002: Gerade als Fachklinik für psychosomatische Medizin, die Naturheilverfahren, Homöopathie und traditionelle chinesische Medizin bei der Behandlung ihrer Patienten integriert, hören wir - ähnlich wie in dem Artikel - oft den Vorwurf, "das sei ja nur Placebo". Na, und? Wenn es denn gelingt, jemandem über Placebo zu helfen, umso besser. Wir Ärzte unterschätzen ständig den Einfluss der Suggestion, die gerade bei diesen Verfahren sicher eine große Rolle spielt. Wir nutzen diesen Effekt in unserer täglichen Arbeit und haben dabei einen unschätzbaren Vorteil: Die Patienten sind hoch motiviert und wollen, dass diese Verfahren wirken. Wenn wir denn durch Placebo auf die Gabe teilweise toxischer Medikamente verzichten können, so ist das doch segensreich für alle Patienten. Entscheidend ist nur, dass ich als Arzt rechtzeitig die Grenzen erkenne und dann auf schulmedizinische Maßnahmen zurückgreife, wenn sich die medizinische Notwendigkeit ergibt. Dr. med. Peter Dogs, Panorama-Fachklinik für Psychosomatik, psychotherapeutische Medizin, Naturheilverfahren und traditionelle chinesische Medizin, 88175 Scheidegg/Allgäu (c)Deutscher Ärzte-Verlag </quote> -------------------------------------------------------------------------------
Übersetzt: Eine Klinik für Psychosomatik gibt zu, daß sie Homöopathie als Placebo einsetzt.
Vor allem bei "hochmotivierten" Patienten. Doch gerade DIE sind ganz bestimmt NICHT an einem Placebo interessiert. Wenn die wüßten, was mit ihnen gemacht wird, könnte das böse Folgen haben. Besonders MCSler können SEHR böse werden, wenn sie dahinterkommen.
Aribert Deckers
[1] Prof. Erdmann: Über die Positivliste und die Medizin externe Links zu Dokumentationen anderer Autoren: [ Prof. Erdmann: Die Positivliste ] [ http://www.medizin.uni-koeln.de/kliniken/innere3/ ] [ Publikationen/Positivliste/positivliste.html ] [ INITIATIVE KONSEQUENTE POSITIVLISTE ] [ Unterschriften-Aktion zum Entwurf der ] [ Positivliste vom 15. November 2002 ] [ http://www.konsequente-positivliste.de/ ] [2] [ Homöopathie : Die Königin der Heilerkunst ] [ Tödliche Gefahr Homöopathie ] [ Tödliche Gefahr Homöopathie: Bißwunden ] [ Tödliche Gefahr Homöopathie: Falschbehandlung bei Asthma ] [ Danke, Herr Homöopath! ] [ Homöopathische Kindesmißhandlung ]
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Aribert Deckers