Datum: 02.08.2001 18:01:39 Autor: Udo Teichmann ©
Umstellung der Anmeldung zum Forum


Jupp us Kölle: Demokratie oder Fun?
Lieber Jupp,

---Zitat---
Bereits 1998 und auch 1999 gab es solche Zeiten und
damals habe ich auch schon meinen Senf dazu abgegeben.

Gäste sind Gäste und nichts anderes.
...
Udo denk einmal daran, dass 'unser' Manfred van Os, diese jetzt eintretende
Situation mit seinem Beitrag vor 'ein paar Tagen' erst
ins (erneute) Rollen brachte und (Du auch) wir ihn unterstützten
als er keine Reaktion bekam.

Jetzt haben wir (bald) den kleinen Finger, den auch Du wolltest und
jetzt willst Du gleich den ganzen Arm.
---tatiZ---

natürlich haben wir den Dissens seit Jahren.

Ximo, Klaus und Du wohl auch, Ihr kommt aus der alten Hobby-Szene des Chattens. Deshalb versteht z.B. Ximo auch nicht, weshalb ich aus einem harmlosen Hobby hier so einen Staatsakt mache.

Ich komme aus einer ganz anderen Richtung.
Ich bin ein intensiv politischer Mensch. Und als ich vor Jahren das Internet mit seinen interaktiven Chancen "entdeckt" habe, schwebte mir sofort das Modell einer fantastischen Erweiterung der staatsbürgerlich Mitsprache und Mitwirkung vor. Das virtuelle Diskussionsforum stand für mich für eine elektronische Agora, in der vor aller Augen mit fleißigen Zuhöreren und engagierten Mitdiskutanten, der demokratische Diskurs auf einem ganz neuen Niveau und mit ungeahnter Reichweite neu erfunden werden könnte.

Das setzte allerdings voraus, daß dieser demokratische Diskurs auch "demokratisch" geführt wird. Und damit kommt zwangsläufig der Rang der Meinungsfreiheit ins Spiel, dessen Schranken abschließend in Artikel 5 GG gezogen werden.

Eine solche ernsthafte Haltung zur Meinungsfreiheit und zum demokratischen Diskurs meinte ich an vorderster Stelle bei den großen politischen Parteien finden zu können. Und nach unserer Verfassung muß die innere Struktur einer Partei demokratischen Grundsätzen entsprechen und sie haben den verfassungsmäßigen Auftrag, an der politischen Willensbildung des Volkes entscheidend mitzuwirken. Und wie sollen Partein einen Verfassungsauftrag erfüllen? Natürlich verfassungskonform! So war also meine Erwartung, in dem öffentlichen Forum einer großen politischen Partei einen die Meinungsfreiheit respektierenden politischen Diskurs führen zu können, nicht ganz abwegig. Die offene Einladung zu sachlichen Diskussionen jedenfalls ließ einen demokratischen Staatsbürger erwarten, daß hier im Rahmen der Verfassung diskutiert wird, und zwar unter Respektierung der verfassungmäßig garantierten Meinungsfreiheit.

Ich will also hier kein heiteres Schwätzchen mit allerlei kuriosen Surfern führen, sondern sehe dieses Forum als einen virtuellen Ort an, an dem demokratischem Lebensstil von einer großen politischen Partei ein Austragungsort für Diskussionen zur Verfügung gestellt wird. Diese Erwartungshaltung hat mir noch kein Mitglied der Bundesgeschäftsstelle der CDU und kein Mitarbeiter der CDU-Redaktion streitig gemacht.

Wenn mir eröffnet würde, daß dieses Forum hier keine demokratische Veranstaltung ist sondern ein unpolitisches Spielfeld für Fun und Unterhaltung, in dem man "small talk" als Hobby betreiben kann, würde ich stehenden Fußes ohne Groll meiner Wege ziehen. Tatsache aber ist, daß sowohl die Redaktion wie auch die maßgeblichen Herrschaften der Bundesgeschäftsstelle der CDU mir ausdrücklich versichert haben, daß dieses Forum als Austragungsort des demokratischen Diskurses der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Und damit wächst im Grunde jedem Teilnehmer eine politische Verantwortung zu. Demokratie muß man persönlich und ernst nehmen, wenn man die Demokratie nicht nur als äußeres Regelungsmodell sieht, sondern als unverzichtbare Lebensform verinnerlicht hat. Das hat zur Folge, daß man gar nicht anders kann, als sich spontan gegen jeden Versuch der Bevormundung und der Manipulation zu wehren.

Und deshalb bin ich nicht scharf darauf, "den kleinen Finger" der Redaktion zu erhaschen und auch den Arm der Redaktion will ich nicht. Ich will als Partner am demokratischen Diskurs ungestört im Rahmen der verfassungsmäßigen Schranken der Meinungsfreiheit diskutieren, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Daß dabei eine Moderation oder Redaktion nötig erscheint, ist der demokratischen Unzulänglichkeit der Teilnehmer geschuldet. Daß man immer mal wieder gegen undemokratische Löscheingriffe der Redaktion zu protestieren hat, ist der Unzulänglichkeit der Redaktionsmitarbeiter geschuldet. Unzulänglichkeit ist Menschenschicksal und trifft uns alle. Aber man muß gegen Unzulänglichkeiten angehen, sonst werden es schlechte Gewohnheiten.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Teichmann