Datum: 09.07.2001 22:24:59 Autor: Udo Teichmann ©
Schröders peinliche Aussage zum Wegsperren von Kinderschändern


Sittenstrolch und Sexualmord
Liebe Mitdiskutanten,

unser aller Bundeskanzler hat sich energisch für den Schutz der Opfer von Sexualstraftaten ausgesprochen. Damit hat er z.B. bei meinem Sohn unerwartete Punkte gesammelt, der mir ganz aufgeregt die tolle lebenslange Wegschließlösung des Bundeskanzlers mitgeteilt hat. Damit hat Schröder auf seinem populistischen Weg schon wieder ein Stimme gewonnen.

Sachlich inhaltlich hat Schröder damit aber für den Opferschutz nichts geleistet.

Gerade wo es um den Schutz unserer Kinder geht, sollte höchste Genauigkeit und die Einbeziehung möglichst differenzierter Sachkunde erste Pflicht sein.

Das Bundeskriminalamt hat in seiner Forschungsreihe unter Nr. 15 eine gründliche Untersuchung zum Komplex "Sexualität, Gewalt und psychische Folgen", BKA Forschungsreihe 15, herausgebracht, aus der sich zusammengefaßt etwa folgendes ergibt:

Sexualtäter ist nicht gleich Sexualtäter!
Bei etwa der Hälfte aller Sexualstraftaten gibt es keine primären Schädigungen für das "Opfer", es sind also
opferlose Straftaten. Die BKA-Studie betont:

---Zitat BKA-Studie-------------
Etwa 48% der Personen, die als "Geschädigte" registriert worden waren, berichteten von keinen oder nur minimalen Schäden. Sie perzipierten sich selbst auch nicht als "Geschädigte" oder als Opfer einer primären Viktimisation. Unter den angezeigten Sexualkontakten befindet sich - gemessen an den primären schädlichen Auswirkungen auf das deklarierte Opfer - tatsächlich ein sehr großer Teil von Straftaten ohne Opfer, wenn man die subjektive Einschätzung der direkt betroffenen Personen ernst nimmt. Einige der mittlerweile meist erwachsenen deklarierten Opfer berichteten, daß sie sich zwar durch die inkriminierte Handlung selbst nicht geschädigt fühlten, wohl aber von den anschließenden dramatisierenden Reaktionsweisen der Umwelt (sekundäre Viktimisation).
---tatiZ---

Quelle in Ausschnitten: xxxxx://www.arcados.ch/sonderfall/totengraeber/baurmann1999pa.html


Die Studie fährt fort:

---Zitat aus der BKA-Studie---
An verschiedenen Stellen wurde darauf hingewiesen, daß man sich heute lösen muß von der Vorstellung, "der" Sexualtäter durchlaufe mit einiger Regelmäßigkeit eine sexualkriminelle Karriere (Exhibitionismus > Homosexualität > Pädophilie > Vergewaltigung, o. ä). Andererseits ist aber auffällig, daß bestimmte Täter (z.B. im Bereich des Exhibitionismus, der Pädophilie, der Homosexualität) relativ häufig wieder in "ihrem" jeweiligen Bereich auffällig werden. Somit hat es wenig Sinn, einen Vergewaltiger unter Pädophilen zu suchen. Andererseits scheinen Vergewaltiger teilweise Personen zu sein, die bisher ganz "normal" auftraten und teilweise Personen, die in ihrer Umwelt auch durch andere Gewalthandlungen auffielen. Damit läßt sich in der Regel der Täterkreis für bestimmte Delikte immerhin etwas einengen. Dies ist vielen Beamten aus der alltäglichen Arbeit natürlich längst bekannt. Eigenartig ist nur, daß sich bei manchen - auch öffentlichen - Diskussionen und Aktionen immer noch das undifferenzierte Vorurteil vom allgemeinen Triebtäter hält.
...
Außerhalb des Bereichs der sexuellen Gewalt gibt es eine Reihe von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei denen keine offene Gewalt angewandt wird. Als Opfer werden hier vorwiegend Kinder, und zwar Mädchen bekannt. Abgesehen von der in solchen Fällen problematischen Gewalt-Definition (Bedeutet ein größerer Altersunterschied zwischen zwei Sexualpartnern automatisch ein Machtgefälle?), gibt es bei dieser Gruppe von bekanntgewordenen Delikten ein spezielles Problem. Einige dieser Kinder, die sich durch die sexuelle Handlung primär nicht geschädigt fühlen - es machte ihnen beispielsweise nicht viel aus, als sich der Gliedvorzeiger zur Schau stellte - erleben dann häufig erschreckende Reaktionen aus ihrer Umwelt, wenn der Vorfall bekannt wird. Entsetzte Eltern, die "das Schlimmste" befürchten, erschreckte Lehrer, die einen Sexualmörder ahnen, diensteifrige Polizeibeamte, die nicht genügend zwischen der Schädlichkeit von Exhibitionisten und der von Vergewaltigern unterscheiden, sowie Staatsanwälte und Richter, die u. U. den "moralischen Verfall" unserer Gesellschaft an einem Fall exemplarisch aufhalten wollen, können starke sekundäre Schäden beim Kind in seiner Opfer- und Zeugenrolle auslösen. In diesen Fällen machen die Erwachsenen dem Kind oftmals sogar unterschwellige oder ausgesprochene Vorwürfe. Das Kind glaubt vielfach, es sei in Wirklichkeit der Angeklagte. Bei Glaubwürdigkeitsuntersuchungen empfindet es, daß es als (potentieller) Lügner behandelt wird. Und in den Ämtern erlebt es häufig eine kindungemäße Atmosphäre und auch keine angemessenen Gespräche über den Vorfall. Manche Kinder werden erst nachträglich zum Opfer gemacht. Hier sollten Vorkehrungen zum besseren Schutz der Kinder getroffen werden. Schließlich bekommen sie oft diffuse Ängste und Abscheu vor dem Sexuellen vermittelt. Dies kann ihre sexuelle Entwicklung nachhaltig stören. Sowohl in den Fällen von primären Schädigungen durch die Gewalteinwirkung, als auch in den Fällen von sekundären Schädigungen durch das negative Verhalten der Umwelt nach dem strafbaren Sexualkontakt, empfinden sich die Opfer den Situationen hilflos und ohnmächtig ausgeliefert.
---tatiZ---

Eine hysterische Pauschalreaktion gegen Sexualstraftäter wird den Realitäten der Praxis nicht gerecht. Jeder einzelne Täter hat Anspruch auf Einzelfallprüfung, pauschale Thesen, Sexualtäter seien generell nicht therapierbar, sind kriminologischer Unsinn und vergiften die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür, wirkliche Gefahren möglichst frühzeitig zu erkennen und entsprechende Vorsorge zu treffen: durch Aufklärung statt durch Hauruckprahlereien.

Aus den Tatbildern und Kriminalitätsstatistiken läßt sich ableiten, daß in jedem Moment in unserem Land etwa zehn Menschen leben, die auf der Kippe stehen, schwerste sexuelle Gewaltkriminalität zu begehen. Oft leben diese Menschen über Jahre in diesem labilen Risikozustand, bis es zu einer Tat kommt, oder ein glücklicher Einfluß den Ernstfall verhindert. Keine kriminologische Feinarbeit ist in der Lage zu prognostizieren, wann und wo einer dieser zehn Unglücklichen zuschlägt.

Wird ein solcher Täter gestellt, muß mit ihm rechtsstaatlich umgegangen werden. Es muß selbstverständlich geprüft werden, welche Therapie für diesen Menschen angezeigt ist. In fast allen Fällen stellt sich dabei heraus, daß die Tat Spätfolge eines Verbrechens war, unter dem der Täter als kindliches Opfer selbst zu leiden gehabt hat. Andererseits werden nur etwa 3 Promille aller Opfer von Sexualstraftaten später selbst als Täter auffällig.

Daraus folgt, daß mit diesem Thema äußerst vorsichtig und umsichtig umgegangen werden muß. Die grundsätzliche Chance, irgendwann (therapiert) wieder in Freiheit leben zu können, verlangt unser Grundgesetz als Ausfluß der Menschenwürde von jeder strafrechtlichen Sanktion. Im Einzelfall kann es aber trotzdem angezeigt sein, einen Täter nie mehr auf die Menschheit loszulassen, denn selbstverständlich hat der Schutz unserer Kinder Vorrang vor den legitimen Lebensansprüchen und Lebenschancen eines Täters. Im Zweifel darf man im Einzelfall einen gefährlichen Gewalttäter nicht wieder auf freien Fuß setzen, solange man von einer ernsten Gefahr ausgehen muß. Hier sind schwierigste Entscheidungen zu treffen, bei denen auch Fehldiagnosen möglich sind. Aber nur Einzelfallentscheidungen genügen unseren rechtsstaatlichen Mindeststandards, aus Feigheit vor diesen schwierigen Entscheidungen pauschal alle Sexualstraftäter als ewige Zeitbomben wegzuschließen, ist mit der Menschenwürde und dem Gebot der Rechtstaatlichkeit nicht vereinbar.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Teichmann