Datum: 13.07.2001 13:59:06 Autor: Udo Teichmann ©
Aufforderung an die Redaktion, rechtliche Schritte einzuleiten.


WH: Wissensbekenntnis ohne sicheres Wissen?
Hallo Wilhelm,

Sie stellen den Gehalt des § 130 StGB auf den Kopf: Sie werden nicht strafrechtlich verpflichtet, ohne sicheres Wissen "irgendwelche Wissenbekenntnisse" abzulegen: § 130 StGB verbietet vielmehr, völkermörderische Taten, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus tatsächlich begangen wurden, öffentlich zu leugnen oder zu verharmlosen, und dies nur dann, wenn es in einer Weise geschieht, die den öffentlichen Frieden zu stören geeignet ist.

"Leugnen" ist dabei das Bestreiten, das mehr als ein Infragestellen ist. Wer von der Nichtexistenz der geleugneten Handlung ausgeht, leugnet sie nicht im Sinne eines bewußt-wahrheitswidrigen Bestreitens, zumindest ist dann der "Leugnungs"-Vorsatz zu verneinen.

"Verharmlosen" ist das der wirklichen Bedeutung widersprechende Bagatellisieren der Wertwidrigkeit, der Gefährlichkeit oder der Folgen von Gewalttätigkeiten. Die Verharmlosung kann in einem quantitativen "Herunterspielen" aber auch in einem qualitativen "Bagatellisieren" bestehen.

Anhand der Gaskammern im KZ Ravensbrück wird eine nur wenigen bekannte Detailfrage als Vehikel mißbraucht, um den Eindruck zu erwecken, der Forschung werde ein Maulkorb verpaßt und die NAZI-Herrschaft sei moralisch so wenig anstößig gewesen, daß man erfundene Greueltaten benötigte, um das NAZI-Regime wahrheitswidrig als bösartig und verwerflich hinzustellen.

Es würde an der vernichtenden Bewertung der NAZI-Herrschaft insgsamt nichts zu korrigieren sein, selbst wenn es das ganze KZ Ravensbrück nie gegeben hätte, erst recht nicht, wenn es dort keine Gaskammer gegeben hätte. Es wäre aber ein Unrecht gegenüber den einzelnen Menschen, die im KZ Ravensbrück gequält und umgebracht wurden, ihr Leiden und Sterben zur Propagandahetze gegen Deutschland umzulügen.

Tatsache ist, daß es das KZ Ravensbrück gegeben hat.
Tatsache ist auch, daß dort Menschen unendlich gelitten haben, daß sie auf brutale und unmenschliche Weise zu Sklavenarbeit gezwungen wurden, und daß dort zahllose Menschen jämmerlich umgekommen und ab Ende 1944 auch viele Menschen ganz gezielt und systematisch umgebracht wurden.

Über die Gaskammern im KZ Ravensbrück kann man sich nur aus zweiter und dritter Hand informieren. Das setzt Vertrauen in den Informanten voraus. Ich stütze meine Meinung zu den Gaskammern im KZ Ravensbrück hauptsächlich auf die übereinstimmenden Schilderungen von überlebenden Insassen dieses KZ. Diese sind nachzulesen u.a. in den folgenden Quellen:

---R. Prachtl: Im braunen Feuer brennen weiße Tauben, BBM-Benno-Verlag, Leipzig 1995.

---Germaine Tillion u.Dietrich zu Klampen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück: GbR-Verlag, Lüneburg 1998

---Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten: Ravensbrückerinnen, Edition Hentrich-Druckhaus, Berlin 1995

---Sigrid Jacobeit (Hrsg.): Ich grüße Euch als freier Mensch, Quellenedition zur Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück im April 1945, Edition Hentrich-Druckhaus, Berlin 1995

---Grit Philipp: Kalendarium der Ereignisse im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück 1939-1945, Metropol-Verlag, Berlin 1999


Daraus ergibt sich für das Jahr 1944 etwa folgender Verlauf:

Im KZ Ravensbrück hatte sich viel verändert. Die Frauen mußten zu viert in einem Bett schlafen. Frische Bettwäsche wurde schon lange nicht mehr verteilt, neue Bekleidung gab es auch nicht mehr.

Typhusepidemien ließen viele Frauen sterben. Im Herbst 1944 trafen zudem Tausende Frauen und Kinder aus Warschau im KZ Ravensbrück ein. Viele dachten selbst zu diesem Zeitpunkt noch, in Deutschland wären sie in Sicherheit und brachten so ihre letzten Wertsachen und ihre Kinder mit. Es wurden „Mutter-Kind-Baracken" in aller Eile erbaut. In diesen Baracken brachten aber auch viele Frauen ihre Kinder erst zur Welt. Trotz dieser separaten Baracken war die Ernähung mangelhaft und die Hygiene sehr schlecht.

Es gab ca. 560 Geburten, davon starben 293 Babys, viele von ihnen schon nach wenigen Tagen an Unterernährung, da ihre Mütter keine Milch aufgrund ihrer eigenen Unterernährung hatten. Nur wenige dieser Babys konnten im April 1945 gemeinsam mit ihren Müttern dank der Evakuierungsaktionen des Roten Ärmel das KZ Ravensbrück verlassen und damit überleben.

Anfang 1945 war Ravensbrück zu einem Inferno geworden. Die Häftlinge und die SS wussten, dass das Ende des Krieges bevorstand und damit auch das Ende des KZ. Die Frauen mussten ihre zerfetzten Kleider tragen. Nach dem großen Transport aus dem KZ Auschwitz und den ständig neu eintreffenden weiblichen Häftlingen war eine genaue Registrierung nicht mehr möglich.

Am 17. Januar wurde Warschau befreit. Die sowjetischen Truppen fanden etwa 10 Tage danach im geräumten KZ Auschwitz und seinen Nebenlagern noch etwa 7.000 Häftlinge. Immer mehr Städte wurden nicht nur von der sowjetischen Armee sondern auch von den Franzosen, den Britten und den Amerikanern befreit.

Trotzdem wurde in der Zwischenzeit im KZ Ravensbrück noch eine Doppel-gaskammer gebaut und mit der systematischen Massenvernichtung begonnen. Die Frauen starben aber auch an Unterernährung, Ermordung durch Gift und durch Massenerschießungen. Da die Arbeiten zum kompletten Ausbau der Gaskammer aber zu viel Zeit in Anspruch nahmen, wurde ein Schuppen, der nur wenige Meter entfernt vom KZ stand, zu einer Gaskammer umgebaut. Dort wurden auch Frauen und Kinder vergast.

Am 4. Februar mussten die sogenannten „Kaninchen" ihren Block verlassen, denn jeder wusste, dass sie ein lebender Beweis für die Verbrechen der SS waren.

Fast täglich fanden im KZ Selektionen statt. Es wurde ohne Vorankündigung selektiert. Zuerst waren es nur alte und kranke Häftlinge. Später reichte schon das Vorhandensein von Krampfadern oder grauem Haar zur Selektion. So versuchten die Häftlinge mit russgeschwärzten Haaren, Zwicken in die Wangen und Bissen auf die Lippen an der Selektion vorbeizukommen, aber nur wenige Frauen konnten sich so retten.

Bis zum 23. April wurden die Frauen vergast.

In der Zwischenzeit waren Vertreter des Schwedischen Roten Kreuzes zu einer Inspektion der Zustände im Lager. Am 30. April fand eine Pressekonferenz statt, auf der der stellvertretende Vorsitzender des Schwedischen Roten Kreuzes (Graf Folke Bernadotte) zum ersten Mal die bisherige geheime Rettungsaktion der schwedischen Öffentlichkeit bekannt gab. Bis Ende April wurden 8.000 Dänen und Norweger sowie 7.000 Frauen unterschiedlicher Nationalitäten aus deutschen Konzentrationslagern befreit und nach Schweden gebracht. Dank dieser Rettungsaktionen wurden über 20.000 Häftlinge befreit. Darunter befanden sich auch viele Frauen aus dem KZ Ravensbrück.


Udo Teichmann